Kunsttherapie
Über den Tellerrand
Die Erkundung der kunsttherapeutischen Landschaft Dänemarks und die Suche nach internationalen Brücken
Julia Jensen
2018
Abstract
Die Kunsttherapie ist heute in den meisten europäischen Ländern als Behandlungsmethode und als Ausbildungsgang vertreten. Sie ist aufgrund ihrer langen, internationalen Entstehungsgeschichte, ihrer unterschiedlichen theoretischen Standpunkte und ihrer unterschiedlichen Ausbildungswege weltweit extrem vielfältig und unterschiedlich stark etabliert. In Dänemark wird Kunsttherapie bereits seit 40-50 Jahren in der psychotherapeutischen und psychologischen Behandlung eingesetzt (Hansen, 2017). In einem Drittel aller psychiatrischen Abteilungen und Zentren in Dänemark gibt es kunsttherapeutische Angebote, diese werden allerdings meist von anderen Berufsgruppen durchgeführt (Teglbjærg, 2011a, S. 160–161). Derzeit werden an drei verschiedenen Ausbildungsinstitutionen kunsttherapeutische Ausbildungen angeboten, mit großen Unterschieden bei Dauer, Intensität, theoretischen Hintergründen und praktischen Inhalten. Alle drei Ausbildungen werden in Form von Aufbaustudiengängen bzw. Weiterbildungen in Teilzeit angeboten. Die Ausbildungskosten müssen in der Regel von den Studierenden selbst getragen werden. Die meisten Kunsttherapeuten haben eine Ausbildung im sozialen Bereich (Lehrer, Pädagogen, etc.) absolviert und sich anschließend kunsttherapeutisch weitergebildet (Søgaard, 2016). Insgesamt gibt es in Dänemark geschätzt rund 1000[1] ausgebildete Kunsttherapeuten. Durch den Mangel an Kunsttherapiestellen in Kliniken kehren viele Absolventen der unterschiedlichen Ausbildungsinstitute in ihren Erstberuf zurück oder streben eine Selbstständigkeit an. Es gibt nur sehr wenig dänische Fachliteratur und Forschung auf dem Gebiet der Kunsttherapie. Zwei der relevantesten Autorinnen und Forschenden sind Vibeke Skov und Hanne Stubbe Teglbjærg.
Das dänische Bildungssystem unterscheidet sich in vielen Punkten vom deutschen. Vor allem existieren mehr Wege zu höheren Bildungsgraden. In Dänemark gibt es zur Zeit drei kunsttherapeutische Vereine, „Foreningen for Integrativ Kunstterapi (FIKT)“, „Foreningen for Expressive Arts Danmark (EXA)“ und „Foreningen Art Antropos“. Das dänische Gesundheitssystem gilt als das drittbeste Europas (Health Consumer Powerhouse, 2018). Es gibt nur eine staatliche Krankenkasse mit zwei Versicherungsvarianten. Die Behandlungskosten von psychischen Erkrankungen werden nur in bestimmten Fällen übernommen, die Behandlung bei einem Psycho-/Kunsttherapeuten und anderen Therapeuten werden in der Regel nicht übernommen. Wenn Klienten Kusttherapie in Anspruch nehmen wollen, müssen sie sich in der Regel durch Eigeninitiative einen praktizierenden Kunsttherapeuten suchen und die Behandlungskosten selbst tragen. Psychische Erkrankungen machen ein Viertel aller Erkrankungen aus und verursachen hohe Kosten, wobei nur 10% davon für die direkten Behandlungen ausgegeben werden. Da in Dänemark weder Kunst- noch Psychotherapeut geschützte Titel sind, kann man u.a. durch eine Mitgliedschaft bei der „Dansk Psykoterapeutforening“ Qualität und Kompetenz in der Behandlung nachweisen. Da viele Kunsttherapeuten ursprünglich einen sozialen Beruf erlernt haben, kehren sie auch häufig nach Ihrer kunsttherapeutischen Ausbildung in diesen zurück. So bietet dieses Feld ein großes Potential für die Integration kunsttherapeutischer Angebote, beispielsweise in der Familienhilfe. Da Kunsttherapeut kein sehr etablierter Beruf in Dänemark ist, gibt es auch keine einheitliche Vergütung
Es existieren bereits einige Vereine und Organisationen, die eine europäische und internationale Zusammenarbeit zwischen Kunsttherapeuten ermöglichen und fördern. Durch Vorarbeit des „Network of European Art Therapists“ (NEAT) konnte die „European Art Therapy Federation (EFAT)“ gegründet werden. Damit ist ein bedeutender Schritt hin zu einer europäischen Kunsttherapeuten-Gemeinschaft gelungen. „The International Expressive Arts Therapy Association“ (IEATA) fördert fachliche Kompetenz und die ethischen Praxisstandards in den künstlerischen Therapien. Das vorrangige Ziel des "European Consortium for Arts Therapies Education“ (ECArTE) ist es, die Entwicklung der Künstlerischen Therapien und die Ausbildung von Kunsttherapeuten in Europa zu repräsentieren und voranzutreiben.
[1] Summe der Absolventen der Kunsttherapieausbildungen in Gadbjerg, Herlev, Odense und die ungefähre Zahl der an der International School for Interdisciplinary Studies ausgebildeten Kunsttherapeuten (Hansen, 2018; Teglbjaerg, 2018; Vibeke Skov, 2018)